Alter ist keine Krankheit!

 

Im November, dem melancholischsten aller Monate, wo wir an Allerheiligen und am Totensonntag der Verstorbenen gedenken, gehen uns die Thema „Alter und Tod“ besonders nahe. Und jedem Besitzer eines alten Hundes wird bewusst, wie endlich die Zeit mit dem geliebten Tier ist.

 

Besonders bewegt dabei die Frage, ob die altersbedingten Beeinträchtigungen für das Tier zumutbar sind, oder ob man es besser „erlösen“ sollte – vor allem, wenn man ständig drauf angesprochen wird, dass es doch so „schrecklich“ sei, wie humpelnd der alte Hund laufe ...

 

„Wer sein Tier kennt, sollte sich nicht verunsichern lassen. Außenstehende empfinden altersbedingte Beeinträchtigungen besonders bei Hunden oft als schlimm. Aber es ist in gewissem Umfang normal, dass ein 14-jähriger Hund nur noch langsam läuft, nichts mehr hört oder nur noch schlecht sehen kann. Dem kann der Tierarzt nur begrenzt entgegenwirken. Alter ist keine Krankheit, doch man muss sich auf die Veränderungen einstellen und wie bei hochbetagten Menschen Verständnis und Geduld aufbringen“, erklärt Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer. Es bestehe aber auch die Gefahr, dass Beschwerden als Altersleiden abgetan würden und dabei übersehen wird, dass das Tier starke Schmerzen hat, die gelindert werden könnten.

 

Ganz wichtig ist darum die regelmäßige Kontrolle beim Tierarzt. Nur er kann den Gesundheitszustand genau beurteilen und weiß, was bei beginnender Demenz, Schmerzen und anderen altersbedingten Problemen zu tun ist!

 

Hier einige allgemeine Tipps:

  • Folgende gesundheitlichen Veränderungen treten bei Hund und Katze auf: Beeinträchtigung der Sinnesorgane (Hören, Sehen, Schmecken, Tasten), allgemeine Schwächung der Muskulatur und des Bindegewebes, Abnutzungserscheinungen der Knochen und Gelenke, verminderter Stoffwechsel, Schwächung des Immunsystems.
  • Als typische Verhaltensveränderungen treten auf: Rastlosigkeit – z.B. ununterbrochenes Laufen im Kreis („Zirkeln“) – oder extremes Ruhebedürfnis; vermehrtes Schlafen, nicht mehr vorhandene „Tag-Nacht-Trennung“ (nächtliche Ruhelosigkeit und tagsüber tiefer Schlaf); Appetitlosigkeit durch eingeschränkten Geruchs- und Geschmackssinn; verminderter Spieltrieb und Lethargie; Verwirrtheit durch Orientierungslosigkeit, Vergesslichkeit (kurz nach der Fütterung wird eine weitere Mahlzeit lautstark eingefordert), zunehmende Schreckhaftigkeit durch eingeschränktes Hör- und Sehvermögen; Kälteempfindlichkeit durch schlechtere Durchblutung, Bewegungsmangel und veränderten Stoffwechsel; Verunsicherung durch Orientierungsverlust; scheinbar unmotivierte Lautäußerungen („Vokalisieren“ wie Winseln, Jaulen).
  • Bei Hunden ist die Lebenserwartung sehr unterschiedlich, man kann aber grundsätzlich sagen, dass ein Hund etwa mit zehn Jahren alt ist. Je größer ein Hund ist, desto kürzer ist seine Lebenserwartung – für eine Dogge oder einen Berner Sennenhund sind zehn Jahre bereits ein biblisches Alter, Kleinpudel oder Dackel werden nicht selten sogar 18 Jahre alt.
  • Das abnehmende Seh- oder Hörvermögen und der damit verbundene Orientierungsverlust verunsichern den  Hund  je nach Ausprägung mehr oder weniger stark und lösen Stress oder sogar Stressaggression aus. Missverständnisse mit Menschen oder anderen Tieren können entstehen, da diese als Bedrohung empfunden werden. Es ist wichtig, andere Hundebesitzer oder Besucher im Haushalt darauf hinzuweisen und dem Tier genügend Rückzugsraum zu geben.
  • Alte Tiere werden oft inkontinent und können Urin und Kot manchmal nicht halten!
  • Auch Hunde leiden im hohen Alter oft an einer Art Demenz (kognitive Dysfunktionsstörung): der alte Hund vergisst dann z.B. den Standort des Freßnapfes oder "schafft“ es nicht mehr rechtzeitig nach draußen. Für den Besitzer lästig, ist das für das Tier aber sicher keine Qual; der individuelle Fall muss mit dem Tierarzt abgeklärt werden.
  • Sehr alte Hunde sollten an der Leine geführt werden – sie sehen und hören ihren Menschen nicht mehr und geraten dann in Panik. Die Leine gibt Mensch und Tier Sicherheit. Im vertrauten Umfeld können sich die Tiere aber meist noch gut orientieren; ob ein alter Hund noch Treppen steigen sollte kommt auf den Einzelfall und die Rasse an.
  • Alte Hunde sollten möglichst mindestens zwei Mal täglich gefüttert werden, denn die Verdauung mehrerer kleinerer Mahlzeiten fällt leichter; da auch Tiere im Alter und durch die abnehmende Bewegung zu Übergewicht neigen, empfiehlt sich ein spezielles energiereduziertes und leichter verdauliches Seniorenfutter.
  • Die meisten alten Hunde haben große Probleme mit Zähnen und Zahnfleisch: Regelmäßige Kontrollen und das Entfernen von Zahnstein durch den Tierarzt sind sehr wichtig, denn bei Entzündungen können Bakterien leicht in die Blutbahn gelangen und dann andere Organe schädigen.

 

In jedem Fall gilt: Der alte Hund ist eine „Persönlichkeit“, die nach einem langen Leben unsere besondere Aufmerksamkeit verdient hat. Er hält uns den Spiegel für unser eigenes Älterwerden vor. Ihr Haustierarzt wird Ihnen dabei behilflich sein, den Zeitpunkt zu erkennen, ab dem sich Ihr Tier quält.