Plädoyer für die Karakulschur

Chemnitz, 1962 / Bundesarchiv Bild 183-2000-0516-500, Foto: Schaffrath
Chemnitz, 1962 / Bundesarchiv Bild 183-2000-0516-500, Foto: Schaffrath

Ich habe hier eine alte Anleitung des Karakulschnittes gefunden, den ich sehr schön als Alternative zu den offiziell zugelassenen Frisurenvarianten finde. Sehr schön ist dabei, dass dem Hund der Bart inklusive der Tasthaare (ja, ja - eine ewige Diskussion ...) nicht abrasiert wird. Aber darüber macht sich natürlich kein Ausstellungsrichter und Frisuren-Normengeber Gedanken …!

 

Haarschnitt als Politikum

Wie sieht ein Pudel nun in dieser fast ausgestorbenen Schurvariante aus? Man kennt diesen Schnitt von fast allen Steiff-/Stoffpudeln aus den 40er und 50er-Jahren (Foto), denn damals war dieser Schnitt en vogue. Interessant ist dabei die Geschichte der Karakulschur: Der pudelbegeisterte Hans Thum erfand Anfang der 30er-Jahre die dem Karakul-Lamm (das sind die noch ungeborenen Lämmer der persischen Karakul-Schafe, die den teuren Persianer-Pelz liefern) nachempfundene „Karakulschur". Dieser hübsche Schnitt, der dem Hund einen Bart ließ und die Ohren kurz hielt (was sich auf Ohrentzündungen positiv auswirkt!) schlug ein wie eine Bombe. Allerdings hatte Hans Thum nicht mit dem Widerstand der herrschenden Nationalsozialisten gerechnet: Himmler persönlich machte die neue Pudelfrisur zur nationalen Angelegenheit und verbot den Karakul-Schnitt als „undeutsch“. Noch mehr wurde das Ganze ad absurdum geführt, indem alle nicht der deutschen Norm entsprechend geschnittenen Pudel als Bastarde galten, Zuchtverbot bekamen und in den Hungerjahren des Krieges keine Lebensmittelkarten für Hundefutter erhielten ...

 

Bartverbot im Ausstellungsring

Was mich daran so wütend macht, ist aber die Tatsache, dass die offiziellen deutschen Pudelklubs im VDH, der „Verband der Pudelfreunde Deutschlands“ (VDP), der „Allgemeine Deutsche Pudelklub“ (ADP) sowie der „Deutsche Pudel-Klub“ (DPK), die „Karakulschur“ immer noch nicht rehabilitiert haben und dieser schöne und vor allem für das Tier zweckmäßige Schnitt nach wie vor „Ausstellungsverbot“ hat. Ein Unding, das man endlich mal angehen müsste!

Karakulschur.pdf
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